Kintsugi - Die japanische Kunst der Keramik-Reparatur

Kintsugi - Die japanische Kunst der Keramik-Reparatur

Eva Lenz-Collier
Aktualisiert am Th. 05. Dec 2024

Kintsugi - Das Wichtigste in Kürze:

  • Kintsugi: Die japanische Kunst, Keramik mit Gold zu reparieren und Bruchstellen zu betonen, um das Unperfekte zu zelebrieren.
  • Kintsugi-Philosophie: Inspiriert von der Wabi-Sabi-Lehre, die das Schöne im Vergänglichen und der Unvollkommenheit sieht.
  • Materialien: Kintsugi-Kleber, Gold- oder Bronzepulver, Füllmasse sowie spezielle Werkzeuge für die Kintsugi-Technik.
  • Besuche meinen Kintsugi-Workshop und lerne, wie Du Keramik nach japanischer Art reparierst und veredelst.

Kintsugi, die faszinierende japanische Kunst, zerbrochene Keramik mit Gold zu reparieren, ist weit mehr als eine Technik – es ist eine Philosophie des Wabi-Sabi, die Schönheit im Unvollkommenen sieht. Diese kunstvolle Methode feiert die Brüche und Risse eines Objekts und macht sie zum wertvollen Teil seiner Geschichte. Mit dem richtigen Kintsugi-Kleber, Lack und etwas Geduld kannst Du lernen, wie Du Deine eigenen zerbrochenen Schalen oder Vasen in wahre Kunstwerke verwandelst.

Was bedeutet das Wort "Kintsugi"?

Der Begriff “Kintsugi” (japanisch 金継ぎ „Goldverbindung, -flicken“) ist zusammengesetzt aus den zwei Wörtern “Kin” = Gold, und “tsugi” = Verbindung, und ist der Oberbegriff einer Technik, bei der die Bruchstellen mit Gold hervorgehoben und als wertvoller Teil des reparierten Objektes betrachtet werden.

Kintsugi hat seine Wurzeln in der japanischen Ostberg-Kultur, die vor ca. 250 Jahren viele der Kunstrichtungen hervorbrachte, welche wir heutzutage als typisch für Japan empfinden. Die vom Zen-Buddhismus inspirierte Liebe zur Einfachheit durchzog Architektur, Theater, Musik und Handwerkskunst. Insbesondere die Teezeremonie wurde zu der Zeit weiterentwickelt, und mit ihr die Wertschätzung der Teekeramik. Wertvolle Teeschalen wurden als Familienerbe weitergegeben, und eher wieder repariert als weggeworfen.

"Mottaini ist ein japanischer Begriff, der das Gefühl des Bedauerns über die Verschwendung einer Sache, deren tatsächlicher Wert nicht ausreichend genutzt wird, ausdrückt. In meinen Workshops stelle ich Scherben zur Verfügung, an denen wir arbeiten."
— Eva Lenz-Collier

Die schönste Methode, eine Teeschale zu reparieren, wurde die Goldverbindung, denn in ihr konnte man die Spuren der Brüche im Gold entdecken und damit den Lebensweg der Teeschale nachvollziehen.

Eine Schale mit Kintsugi-Rissen

Was steckt hinter der Kintsugi-Philosophie?

Die Philosophie, die wir am meisten mit Kintsugi verbinden, ist die sogenannte “Wabi-Sabi Philosophie”. Wabi-Sabi bezeichnet eine Ästhetik (Wahrnehmung von Schönheit) des Unperfekten, welche sich durch Unregelmäßigkeit, Rauheit und Einfachheit auszeichnet. Man kann unterscheiden zwischen Wabi als dem Unperfekten, wie es die Produktion eines Objekts mit sich bringt, und Sabi als jenen Gebrauchsspuren des Alters, welche das Objekt über die Zeit prägen. Beispiele für letzteres sind Patina, Abgegriffenheit oder auch nicht verdeckte Reparaturstellen.

Genau wie Mottainai ist Wabi-Sabi eng mit dem Zen-Buddhismus und der mit ihm einhergehenden Lebensführung verbunden: der Beschränkung auf das Notwendige, ein Leben im Augenblick und in Einfachheit, das jede Art der Verschwendung ablehnt.

Was brauche ich für Kintsugi?

Materialien, die Du für Kintsugi benötigst:

  • Kleber - Ich empfehle den UHU-Porzellankleber oder ein vergleichbares Produkt. Es gibt auch UHU-Sekundenkleber für Porzellan, der gut geeignet ist - bei der Verwendung solltest Du aber die Verarbeitungshinweise auf der Packung beachten und ihnen folgen.
  • Füllmasse - 2-Komponenten Reparaturmasse. Ich verwende bei meinem Kintsugi-Workshop den Repair Stick Aqua von Weicon, da die Masse nicht so schnell aushärtet.
  • Lack - Geeignet ist ein dickflüssiger Naturlack, der mit dem Pinsel aufgetragen werden kann. Ich verwende Bernsteinlack in meinem Workshop, da er dem Japanlack am nächsten kommt.
  • Modellierwerkzeug
  • Skalpell oder scharfes dünnes Cuttermesser
  • Glasradierer
  • Dünner Pinsel (am besten einen Buchstabenpinsel oder “Schlepper”)
  • Weicher, bauschiger Pinsel (am besten Aquarellpinsel Fehhaar)
  • Goldstreupulver - von echtem Pudergold über Bronzepulver bis zu Goldimitat kann hier jedes Metallpigment (Metall-Farb-Pulver) verwendet werden.
  • Q-Tips, weiches Tuch oder Papiertaschentuch
  • Alkohol & Balsamterpentinöl zum Reinigen
  • Handschuhe, Maske, Arbeitsschürze

Optionale Materialien und Werkzeuge:

  • Rotes Farbpigment - Farbpigmente bekommt man im Künstlerbedarf. Hierfür eignet sich Zinnober oder Eisenoxidrot.
  • Japanisches Filterpapier Yoshino
  • Holzspachtel und Unterlage, am besten eine glatte Glas- oder Kunststoffplatt
"In meinem Kintsugi-Workshop in Berlin stehen Dir alle Materialien und Werkzeuge zur Verfügung. Du erhältst eine professionelle Einführung in die traditionellen Kintsugi-Methoden."
— Eva Lenz-Collier

Kintsugi selber machen - Schritt-für-Schritt-Anleitung

Kintsugi ist eine besondere japanische Kunstform und nicht so leicht selber zu machen. In einem Kintsugi-Workshop lernst Du unter professioneller Anleitung, wie die einzelnen Schritte richtig durchgeführt werden.

Im Folgenden findest Du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Du Kintsugi selber machen kannst.

Kintsugi Schritt 1: Vorbereitung

  • Scherben gut reinigen, alten Klebstoff und Schmutz auf den Bruchkanten entfernen. Bruchkanten ggf. mit einem dicken Schleifpapier anrauen.
  • Objekt einmal “trocken” zusammensetzen, um die Reihenfolge der Klebung zu bestimmen und ein Gefühl für das fertige Stück zu bekommen. Scherben hierbei mit 10-15mm langen Klebestreifen (Washi-Tape oder schmales Malerkrepp) zusammenkleben.
  • Danach alle Scherben wieder auseinandernehmen.

Eine gebrochene Schale wurde zusammengeklebt+ Foto: Josh Dyffort

Kintsugi Schritt 2: Kleben

  • Porzellankleber auf beiden Bruchkanten mit einem Spachtel dünn auftragen und fünf Minuten antrocknen lassen.
  • Danach auf eine der Bruchkanten eine weitere Schicht Kleber auftragen und beide Scherben fest zusammendrücken.
  • Den Sitz der Scherben prüfen und mit Klebestreifen fixieren.
  • 24 Stunden warten, bis der Kleber ausgehärtet ist.

Jemand streicht eine weiße Masse an eine Scherbe Foto: Uta Kargel

Kintsugi Schritt 3: Fehlstellen auffüllen

  • 2-Komponenten-Füllmasse kneten, bis eine einheitliche Masse entsteht.
  • Danach mit einem Modellierspatel in die Bereiche auftragen, wo Abschläge oder Löcher im Objekt sind.
  • 24 Stunden warten, bis die Füllmasse ausgehärtet ist.

Jemand streicht mit einem Spachtel eine weiße Masse an Keramik. Foto: Uta Kargel

Kintsugi Schritt 4: Reinigung

  • Überstehenden Kleber mit einem Skalpell oder scharfem Messer vorsichtig abnehmen. Bei den Füllstellen die überstehende Füllmasse mit einem Skalpell oder Messer grob in Form schnitzen.
  • Danach mit einem Glasradierer die Risse und Füllmasse abschleifen, bis die Oberfläche möglichst glatt und eben ist.
  • Dabei darauf achten, die Glasur nicht zu beschädigen: vor der Bearbeitung an einer möglichst unsichtbaren Stelle am Boden des Stückes Messer und Glasradierer austesten.
  • Die meisten Glasuren werden durch die Werkzeuge nicht beschädigt, aber die Probe ist trotzdem sinnvoll.
  • Den Glasradierer immer mit Wasser verwenden, damit kein Glasstaub entsteht. Es ist angeraten, dabei eine Maske und Handschuhe zu tragen.

Jemand schabt mit einem Skalpell den Rest des Klebers ab. Foto: Uta Kargel

Kintsugi Schritt 5: Lack einfärben

  • Bernsteinlack mit einem roten Farbpigment (Eisenoxid oder Zinnober) im Verhältnis 1:1 vermischen.
  • Die Mischung in ein kleines Filterpapier geben und auswringen, um Klümpchen zu vermeiden.

Jemand vermischt eine braune Masse auf einem Glas Foto: Uta Kargel

  • Alternativ kann ein bereits gefärbter Lack verwendet werden. Es empfiehlt sich ein möglichst dickflüssiger Naturlack.

Kintsugi Schritt 6: Zwischenlack auftragen

  • Den gefilterten Lack flächig und breit auf die Bruchkanten und Fehlstellen auftragen und 24 Stunden trocknen lassen. Danach mit dem Glasradierer abschleifen.
  • Diese erste Lackschicht dient dazu, feine Abschläge und Unebenheiten an der Risskante mit Lack aufzufüllen.
  • Sollten danach noch Unebenheiten bestehen bleiben, kann eine oder mehrere weitere Lackschichten aufgetragen werden.

Jemand pinselt eine glänzende Masse auf eine Schale. Foto: Uta Kargel

Kintsugi Schritt 7: Veredelung

  • Die letzte Lackschicht mit einem langen, schmalen Pinsel (Buchstabenpinsel oder Schlepper) vorsichtig dünn auftragen und 30 Minuten antrocknen lassen.
  • Danach das Metallpigment (Bronzepulver oder Pudergold) mit einem weichen Pinsel aufnehmen und auf die feuchte Lackschicht aufstreuen.
  • Mit dem Pinsel leicht über die Linie streichen, um die Pigmente in den Lack einzulegen.
  • 24 Stunden warten, bis die Lackschicht ausgehärtet ist.

Jemand pinselt Goldpartikel auf die Risse einer Tasse. Foto: Uta Kargel

Kintsugi Schritt 8: Nachbereitung

  • Das überschüssige Metallpigment erst mit dem Streupinsel und dann mit einem weichen Tuch abnehmen.
  • Eventuelle Rückstände mit einem Q-Tip oder Küchentuch und Wasser vorsichtig entfernen. Risse dabei möglichst aussparen. Lackrückstände können mit Isopropanol (Alkohol) gut gereinigt werden.

Jemand wischt goldene Partikel von einem Keramikgefäß Foto: Uta Kargel

"Die Schönheit des Zerbrochenen anhand der Kintsugi-Reparaturmethode zu vermitteln und andere damit zu inspirieren ist meine Leidenschaft. Ich freue mich auf einen entspannten und kreativen Workshop."
— Eva Lenz-Collier