Kintsugi - Die japanische Kunst der Keramik-Reparatur
Kintsugi - Das Wichtigste in Kürze:
- Kintsugi: Die japanische Kunst, Keramik mit Gold zu reparieren und Bruchstellen zu betonen, um das Unperfekte zu zelebrieren.
- Kintsugi-Philosophie: Inspiriert von der Wabi-Sabi-Lehre, die das Schöne im Vergänglichen und der Unvollkommenheit sieht.
- Materialien: Kintsugi-Kleber, Gold- oder Bronzepulver, Füllmasse sowie spezielle Werkzeuge für die Kintsugi-Technik.
- Besuche meinen Kintsugi-Workshop und lerne, wie Du Keramik nach japanischer Art reparierst und veredelst.
Kintsugi, die faszinierende japanische Kunst, zerbrochene Keramik mit Gold zu reparieren, ist weit mehr als eine Technik – es ist eine Philosophie des Wabi-Sabi, die Schönheit im Unvollkommenen sieht. Diese kunstvolle Methode feiert die Brüche und Risse eines Objekts und macht sie zum wertvollen Teil seiner Geschichte. Mit dem richtigen Kintsugi-Kleber, Lack und etwas Geduld kannst Du lernen, wie Du Deine eigenen zerbrochenen Schalen oder Vasen in wahre Kunstwerke verwandelst.
Was bedeutet das Wort "Kintsugi"?
Der Begriff “Kintsugi” (japanisch 金継ぎ „Goldverbindung, -flicken“) ist zusammengesetzt aus den zwei Wörtern “Kin” = Gold, und “tsugi” = Verbindung, und ist der Oberbegriff einer Technik, bei der die Bruchstellen mit Gold hervorgehoben und als wertvoller Teil des reparierten Objektes betrachtet werden.
Kintsugi hat seine Wurzeln in der japanischen Ostberg-Kultur, die vor ca. 250 Jahren viele der Kunstrichtungen hervorbrachte, welche wir heutzutage als typisch für Japan empfinden. Die vom Zen-Buddhismus inspirierte Liebe zur Einfachheit durchzog Architektur, Theater, Musik und Handwerkskunst. Insbesondere die Teezeremonie wurde zu der Zeit weiterentwickelt, und mit ihr die Wertschätzung der Teekeramik. Wertvolle Teeschalen wurden als Familienerbe weitergegeben, und eher wieder repariert als weggeworfen.
Die schönste Methode, eine Teeschale zu reparieren, wurde die Goldverbindung, denn in ihr konnte man die Spuren der Brüche im Gold entdecken und damit den Lebensweg der Teeschale nachvollziehen.
Was steckt hinter der Kintsugi-Philosophie?
Die Philosophie, die wir am meisten mit Kintsugi verbinden, ist die sogenannte “Wabi-Sabi Philosophie”. Wabi-Sabi bezeichnet eine Ästhetik (Wahrnehmung von Schönheit) des Unperfekten, welche sich durch Unregelmäßigkeit, Rauheit und Einfachheit auszeichnet. Man kann unterscheiden zwischen Wabi als dem Unperfekten, wie es die Produktion eines Objekts mit sich bringt, und Sabi als jenen Gebrauchsspuren des Alters, welche das Objekt über die Zeit prägen. Beispiele für letzteres sind Patina, Abgegriffenheit oder auch nicht verdeckte Reparaturstellen.
Genau wie Mottainai ist Wabi-Sabi eng mit dem Zen-Buddhismus und der mit ihm einhergehenden Lebensführung verbunden: der Beschränkung auf das Notwendige, ein Leben im Augenblick und in Einfachheit, das jede Art der Verschwendung ablehnt.
Was brauche ich für Kintsugi?
Materialien, die Du für Kintsugi benötigst:
- Kleber - Ich empfehle den UHU-Porzellankleber oder ein vergleichbares Produkt. Es gibt auch UHU-Sekundenkleber für Porzellan, der gut geeignet ist - bei der Verwendung solltest Du aber die Verarbeitungshinweise auf der Packung beachten und ihnen folgen.
- Füllmasse - 2-Komponenten Reparaturmasse. Ich verwende bei meinem Kintsugi-Workshop den Repair Stick Aqua von Weicon, da die Masse nicht so schnell aushärtet.
- Lack - Geeignet ist ein dickflüssiger Naturlack, der mit dem Pinsel aufgetragen werden kann. Ich verwende Bernsteinlack in meinem Workshop, da er dem Japanlack am nächsten kommt.
- Modellierwerkzeug
- Skalpell oder scharfes dünnes Cuttermesser
- Glasradierer
- Dünner Pinsel (am besten einen Buchstabenpinsel oder “Schlepper”)
- Weicher, bauschiger Pinsel (am besten Aquarellpinsel Fehhaar)
- Goldstreupulver - von echtem Pudergold über Bronzepulver bis zu Goldimitat kann hier jedes Metallpigment (Metall-Farb-Pulver) verwendet werden.
- Q-Tips, weiches Tuch oder Papiertaschentuch
- Alkohol & Balsamterpentinöl zum Reinigen
- Handschuhe, Maske, Arbeitsschürze
Optionale Materialien und Werkzeuge:
- Rotes Farbpigment - Farbpigmente bekommt man im Künstlerbedarf. Hierfür eignet sich Zinnober oder Eisenoxidrot.
- Japanisches Filterpapier Yoshino
- Holzspachtel und Unterlage, am besten eine glatte Glas- oder Kunststoffplatt
Kintsugi selber machen - Schritt-für-Schritt-Anleitung
Kintsugi ist eine besondere japanische Kunstform und nicht so leicht selber zu machen. In einem Kintsugi-Workshop lernst Du unter professioneller Anleitung, wie die einzelnen Schritte richtig durchgeführt werden.
Im Folgenden findest Du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Du Kintsugi selber machen kannst.
Kintsugi Schritt 1: Vorbereitung
- Scherben gut reinigen, alten Klebstoff und Schmutz auf den Bruchkanten entfernen. Bruchkanten ggf. mit einem dicken Schleifpapier anrauen.
- Objekt einmal “trocken” zusammensetzen, um die Reihenfolge der Klebung zu bestimmen und ein Gefühl für das fertige Stück zu bekommen. Scherben hierbei mit 10-15mm langen Klebestreifen (Washi-Tape oder schmales Malerkrepp) zusammenkleben.
- Danach alle Scherben wieder auseinandernehmen.
Foto: Josh Dyffort
Kintsugi Schritt 2: Kleben
- Porzellankleber auf beiden Bruchkanten mit einem Spachtel dünn auftragen und fünf Minuten antrocknen lassen.
- Danach auf eine der Bruchkanten eine weitere Schicht Kleber auftragen und beide Scherben fest zusammendrücken.
- Den Sitz der Scherben prüfen und mit Klebestreifen fixieren.
- 24 Stunden warten, bis der Kleber ausgehärtet ist.
Foto: Uta Kargel
Kintsugi Schritt 3: Fehlstellen auffüllen
- 2-Komponenten-Füllmasse kneten, bis eine einheitliche Masse entsteht.
- Danach mit einem Modellierspatel in die Bereiche auftragen, wo Abschläge oder Löcher im Objekt sind.
- 24 Stunden warten, bis die Füllmasse ausgehärtet ist.
Foto: Uta Kargel
Kintsugi Schritt 4: Reinigung
- Überstehenden Kleber mit einem Skalpell oder scharfem Messer vorsichtig abnehmen. Bei den Füllstellen die überstehende Füllmasse mit einem Skalpell oder Messer grob in Form schnitzen.
- Danach mit einem Glasradierer die Risse und Füllmasse abschleifen, bis die Oberfläche möglichst glatt und eben ist.
- Dabei darauf achten, die Glasur nicht zu beschädigen: vor der Bearbeitung an einer möglichst unsichtbaren Stelle am Boden des Stückes Messer und Glasradierer austesten.
- Die meisten Glasuren werden durch die Werkzeuge nicht beschädigt, aber die Probe ist trotzdem sinnvoll.
- Den Glasradierer immer mit Wasser verwenden, damit kein Glasstaub entsteht. Es ist angeraten, dabei eine Maske und Handschuhe zu tragen.
Foto: Uta Kargel
Kintsugi Schritt 5: Lack einfärben
- Bernsteinlack mit einem roten Farbpigment (Eisenoxid oder Zinnober) im Verhältnis 1:1 vermischen.
- Die Mischung in ein kleines Filterpapier geben und auswringen, um Klümpchen zu vermeiden.
Foto: Uta Kargel
- Alternativ kann ein bereits gefärbter Lack verwendet werden. Es empfiehlt sich ein möglichst dickflüssiger Naturlack.
Kintsugi Schritt 6: Zwischenlack auftragen
- Den gefilterten Lack flächig und breit auf die Bruchkanten und Fehlstellen auftragen und 24 Stunden trocknen lassen. Danach mit dem Glasradierer abschleifen.
- Diese erste Lackschicht dient dazu, feine Abschläge und Unebenheiten an der Risskante mit Lack aufzufüllen.
- Sollten danach noch Unebenheiten bestehen bleiben, kann eine oder mehrere weitere Lackschichten aufgetragen werden.
Foto: Uta Kargel
Kintsugi Schritt 7: Veredelung
- Die letzte Lackschicht mit einem langen, schmalen Pinsel (Buchstabenpinsel oder Schlepper) vorsichtig dünn auftragen und 30 Minuten antrocknen lassen.
- Danach das Metallpigment (Bronzepulver oder Pudergold) mit einem weichen Pinsel aufnehmen und auf die feuchte Lackschicht aufstreuen.
- Mit dem Pinsel leicht über die Linie streichen, um die Pigmente in den Lack einzulegen.
- 24 Stunden warten, bis die Lackschicht ausgehärtet ist.
Foto: Uta Kargel
Kintsugi Schritt 8: Nachbereitung
- Das überschüssige Metallpigment erst mit dem Streupinsel und dann mit einem weichen Tuch abnehmen.
- Eventuelle Rückstände mit einem Q-Tip oder Küchentuch und Wasser vorsichtig entfernen. Risse dabei möglichst aussparen. Lackrückstände können mit Isopropanol (Alkohol) gut gereinigt werden.
Foto: Uta Kargel